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Dezember 2024
Während sich Hunderttausende Besucher durch die gigantischen Hallen des Mailänder Messegeländes drängten, hielt meine Freundin Chris an unserem Verkaufsstand dem Lärm und der Menschenmenge mit stoischem Gleichmut stand. Ich hingegen nahm mir an drei aufeinanderfolgenden Tagen eine Auszeit von der „L´Artigiano in Fiere“, der europaweit größten Verkaufsmesse für Handwerkskunst, die jedes Jahr Anfang Dezember neun Tage lang in Mailand stattfindet. Ich wollte einfach den Mailänder Dom, diese großartige gotische Kathedrale mit ihren tausenden Skulpturen und dem spektakulären begehbaren Dach besichtigen, ihre beeindruckende Fassade malen und mir im Palazzo Reale die Ausstellungen der Kunstwerke von M.C. Escher, Rubens sowie der japanischen Künstler Hokusai, Hiroshiye und Utamaro ansehen. Am ersten Tag verschwand ich in der eigenartigen Skulpturenwelt der Kathedrale, die später im Museum von Eschers phantastischen Welten nur leicht übertroffen wurde. Einige Werke, die ich dort sah, wirkten überaus lebendig und von zeitloser Schönheit, andere modern, reduziert und abstrakt, obgleich auch diese Figuren aus dem Mittelalter stammten. Am zweiten Tag malte ich in der Hektik eines öffentlichen Platzes die Fassade des Doms, um später in die ruhigen und zugleich beeindruckenden Gemälde von Rubens einzutauchen.
Am dritten Tag reihte ich mich frühmorgens in die lange Schlange der Wartenden ein, um endlich die japanische Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts zu entdecken. Ich erinnere mich, wie ich die Werke von Utamaro und Hiroshige mit Interesse betrachtete und wie ich plötzlich bei den Farbholzschnitten von Katsushika Hokusai völlig aus dem Häuschen geriet. Das war mir noch nie passiert, dass Kunst mich so tief in meiner Seele berührte. Es waren nicht die Landschaften, sondern die Menschen in seinen Bildern, die mich so sehr faszinierten. Jede einzelne Person hatte er in lebendiger Bewegung und mit individueller Pose dargestellt.
Was? Das war Kunst aus dem 18. Jahrhundert? So unvergleichlich anders als die Gemälde, die ich sonst mit dieser Epoche verbinde. Ich konnte mich kaum loseisen, sondern betrachtete immer wieder von Neuem seine „36 Ansichten des Berges Fuji“. In jeder Szene stand der Berg – mal aus der Nähe, mal aus der Ferne – im Zentrum eines Alltagsgeschehens. Fischer im Boot auf stürmischer See, Bauern auf dem Feld, Handwerker bei der Arbeit, Händler, Marktfrauen – Menschen in Aktion. Und dann erst die Bücher seiner Bewegungsstudien, die Vorläufer der Mangas – ich war begeistert.
Inspiriert von Hokusais Bildern begann ich später auf dem Domplatz, in der U-Bahn, ja sogar auf der Messe, die Menschen um mich herum mit anderen Augen zu sehen. Mit mehr Aufmerksamkeit und Interesse und dem Wunsch, ihre Individualität wirklich wahrzunehmen. Manchmal – und das ist ja das Großartige an Kunst – kann sie den Blick auf die eigene Welt verändern.