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Mai 2018

- Die Pappelallee -

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Es war ein schöner Maitag, als ich meine Staffelei am Dorfrand aufbaute; genau dort, wo die Kopfsteinpflasterstraße endet und in einen Sandweg übergeht. Gesäumt von hohen, schlanken Pappeln in frischem Grün verlor sich der Weg langsam in der Ferne. Früher rumpelten über ihn Kutschen, heute gehört er zum „Fernwanderweg E1“ – und der führt vom Nordkap bis nach Sizilien. Eine verlockende Idee: einfach loslaufen! Weder Fahrrad noch Auto oder Flugzeug, nur zur Fuß und auf dem Rücken einen leichten Rucksack. Jede Nacht eine andere Unterkunft, denn Zelt und Schlafsack wären mir zu schwer. Eine Kutsche, so hatte ich mal gelesen, brauchte um 1700 für die Strecke von Dresden nach Hamburg sechs Wochen. Ich bräuchte zu Fuß vom Nordkap bis Sizilien bestimmt einige Jahre!

„Das ist ja ein schönes Hobby, das sie haben“, sprach mich plötzlich eine Stimme von hinten an. Drei Frauen in praktischer Freizeitkleidung und mit lustigen Sonnenhüten als Kopfbedeckung standen jetzt  neben mir, ihr Kommen hatte ich überhaupt nicht bemerkt. Die eine trug ein Fernglas um den Hals, die nächste hielt ein Blumenbestimmungsbuch in der Hand und an den Handgelenken der dritten baumelten Walking-Stöcke. Drei waschechte Wanderinnen. „Die Landschaftsmalerei ist wohl wieder im Kommen“, redete die „Fernglasfrau“ munter weiter. „Wie das Wandern wohl auch“, stimmte ich ihr zu und musterte anerkennend ihr stabiles Schuhwerk. „Wohin geht´s denn heute noch?“ – „Nach Schwarzenbek und dann mit dem Zug zurück nach Hamburg.“ – „Sie waren bestimmt schon bei Enno auf dem Gut einen Kaffee trinken?“ – „Ja, das war ganz bezaubernd. Der Rosengarten ist so schön“, schwärmte die „Blumenfrau“ entzückt, „wir saßen in der Sonne am Teich und...“ – „Ja, dann wollen wir Sie mal nicht länger aufhalten“, fiel ihr die dritte ins Wort, „wir müssen weiter, der Weg ist noch lang. Auf, auf!“ Aber dann plauderten wir doch noch ein Weilchen über den einzelnen Kranich im Wald, die Rehe, die man von Hochsitzen aus so gut beobachten kann, und über den großen Nutzen guter Wanderschuhe.

Als sich die drei Wanderinnen schließlich auf den Weg machten, hätte ich sie am liebsten begleitet, die Staffelei und den Malblock gerne für einen Fotoapparat, ein Fernglas und ein Blumenbuch ausgetauscht. Doch als sie nun in die Ferne entschwunden waren und nur noch die Pappelallee vor mir lag, genoss ich es sofort wieder, alleine mit meiner Staffelei am Wegrand zu stehen. Das Rascheln der Blätter und das Zwitschern der Vögel wurde lauter, mein Herzschlag ruhiger, der Gedankenfluss langsamer – und schließlich zählte nur noch der nächste Pinselstrich.

 

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