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April 2023

- Die Zaubergeige -

Schon seit vielen Jahren verkaufe ich meine reproduzierten Aquarellmotive als Lesemagnete. Sie eignen sich nicht nur für Bücher, sondern auch als magnetische Markierungsclips für Musiknoten. So vergeht kein Markttag, an dem ich nicht nach Instrumenten als Motiv gefragt werde. Ich konnte nicht jedermanns Wunsch erfüllen, denn nur meine Gitarre und das alte Klavier standen zur Wahl. ‚Oh, das ist aber sehr schade‘, bedauerten dann die Kunden. Wie an neue Motive kommen? Normalerweise 'begegnen' sie mir irgendwo. Doch in Berlin kenne ich niemanden, der Geige, Cello, Saxophon, Trompete, Schlagzeug, Harfe, Zither oder Querflöte spielt.

Als ich davon meiner Freundin Barbara erzählte, lud sie mich ein, in den Ferien einfach mal bei ihr vorbeizukommen. In ihrer Bonner Musikschule stünden mir so viele Instrumente zur Verfügung, wie mein Herz begehrt. Kurze Zeit später machte ich mich bereits per Zug zu ihr auf den Weg. „Welche Instrumente willst Du denn malen?“, fragte sie ganz neugierig. „Am besten alle. Aber erst mal ein Saxophon, denn das würde ich selbst gerne spielen können. Dann ein Schlagzeug. Es sollte in keinem Keller und in keinem Haushalt mit Kindern fehlen. Und eine Geige: Meine beste Schulfreundin Sibylla musste zu ihrem und meinem Leid auch dann üben, wenn ich sie besuchte. Das sind unvergessliche Erinnerungen.“ Ich lachte und Barbara schmunzelte verständnisvoll. „Und danach male ich einfach weiter.“ Aber natürlich blieb mir gerade mal Zeit für meine drei bevorzugten Instrumente. Denn schon war das Wochenende vorbei und die Ferien der Musikschule vorüber.

Für die Rückfahrt wählte ich ein Schiff, das mich von Bonn über Koblenz bis nach Rüdesheim schipperte. An diesem Frühlingstag saß ich eingewickelt in eine Wolldecke auf Deck vorne am Bug. Alle Geräusche, die mich umgaben - selbst das quirlig glucksende Plätschern der Rheinwellen, das schwerfällige Tuckern des Schiffsmotors oder das vielstimmige Geplauder anderer Fahrgäste - schienen mir an diesem Tag harmonisch und melodisch. Von den vielen Musikstücken, die wir uns gemeinsam angehört hatten, klangen mir noch das Saxophonspiel Jan Garbareks und die Schlagzeugsoli von Ginger Baker im Ohr. Und die zauberhaften Töne ‚meiner‘ Geige. Denn auf ihr hatte mir Barbaras Mann Alex etwas vorgespielt, nachdem ich mein Bild beendet hatte. Der Fluss und die mittelrheinische Landschaft flossen bewegend und sanft dahin. Auch ihnen konnte ich an diesem Tag wie einem schönen Konzert lauschen. Manchmal erzeugen Klänge Bilder und manchmal Bilder Musik.

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